Im Namen der Erdbeere
Da Fiore: Kulinarische Innovation in Venedig
Morgens um drei Uhr legt das kleine Boot von seinem ruhigen Platz in einem Seitenkanal direkt unter dem Balkon des Restaurants Da Fiore ab. Ziel ist der Fischmarkt vor den Toren der Lagunenstadt. Mit der frischen Ware geht es dann über die vielen Wasserstraßen zügig zurück in das Zentrum der schmucken Touristenhochburg. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert verzaubert dort Mara Martin mit ihren Kreationen die Gäste aus aller Welt. Inspiriert wurde sie zu ihrer Profession durch ihre Großmutter, ebenfalls eine leidenschaftliche Köchin, der sie schon als Kind assistierte. Ihre heutige, innovative Kochkunst ist eine Neuinterpretation der venezianischen Kochkunst, die Spuren eines kulinarischen Schmelztiegels mit Einflüssen des Orients und Okzidents sowie einer Betonung auf Meeresfrüchte. Unterstützt wird die Sterneköchin Mara Martin in dem kleinen, feinen Restaurant durch ihren Mann Maurizio und ihren Sohn Damiano.
Abseits der typischen Touristenpfade gelingt es Mara Martin zusammen mit einem engagierten Team, ihre Gäste für einige Stunden in ein wundervolles, lukullisches Venedig zu entführen.
Fruchtig und frühlingshaft beginnt das Menü mit einem erfrischenden Erdbeer-Prosecco. Dazu wird als Gruß aus der Küche eine frittierte Ravioli, gefüllt mit der typisch venezianischen Stockfischpaste, Ingwer und Hummersauce, serviert. Es folgt ein ausgezeichnet zartes Thunfisch-Carpaccio mit einem würzigen Pesto aus Kapern, Oregano, Artischocke und etwas Rosmarin. In Kombination mit Scampi-Tatar und rohem weißen Spargel auf Orange gefällt dieser Gang durch die kontrastreiche Variation besonders gut. Dazu reicht Sommelier Stefano Capolla mit einem 2014 Soave Classico Pieropan einen duftig harmonischen Tropfen, der die Vorspeise durch feine Aromen von Bittermandel und Akazienblüten noch verfeinert. Es folgt die Jakobsmuschel an Thymian und frittierte Auster an schmelziger Zabaione Sauce auf grobem Meersalzbett.
Anschließend wird Königskrabbe, ebenfalls frittiert, mit Polenta serviert. Als Weinbegleitung wählt Sommerlier Stefano Capolla einen 2014 Arneis Piemont. Seine geschickt eingebundene Säure und ein eleganter Schmelz überzeugen ebenso wie die Aromen von grünem Apfel und etwas Mirabelle. Pfiffig kombiniert und sehr schmackhaft gelingt der gegrillte Aal mit Lorbeer. Sanft und mild stellt das Gericht einen der Höhepunkte des Menüs dar. Ergänzt wird der Fisch durch einen, trotz seiner Jugend verblüffend reif wirkenden, 2013 Cabernet Colle di Bugano. Harmonisch und lang im Abgang bedeutet der feine Tropfen eine wahre Freude. Als krönender Abschluss wird der exzellente Passito di Pantelleria, ein schmackhafter sizilianischer Dessertwein, zum Zitronen-Kaffee-Sorbet gereicht. Erdbeeren schmecken nicht nur köstlich, sie sind auch ein wahrer Augenschmaus! Mit einem aromatischen Erdbeergrappa, dessen Duft zwischen fruchtig, frisch und würzig variiert, verabschiedet sich das Küchenteam galant von seinen Gästen und lässt so den wunderbar süßen Hauch der roten Beerenfrucht noch lange nachklingen.
Wer rechtzeitig reserviert, erhält die Chance auf dem Balkon über dem kleinen Kanal zu sitzen. Von dem romantischen Platz aus können während des Speisegenusses die vorbeigleitenden Gondeln mit den Augen verfolgt werden. Diese eleganten, 400 bis 500 Kilogramm schweren Boote sind genau 10,85 Meter lang und 1,42 Meter breit. Die linke Seite ist 16 Zentimeter länger und 24 Zentimeter breiter als die Steuerbordseite. Durch diese schiefe Bauweise wird das Gewicht des Gondoliere, der hinten links steht, ausgeglichen. Von der Loge des Restaurants Da Fiore können die anmutigen, scheinbar mühelosen Bewegungen des Gondolieres beobachtet werden, wenn er mit dem Ruder, seinen Füßen und Händen seine schwarze Wasserlimousine durch die engen Kanäle Venedigs manövriert. Perfekte Szenen vor einer perfekten Kulisse!