Eine prickelnd gleichberechtigte Beziehung
Orangerie Timmendorfer Strand: Wie ein erfrischender Sommerabend
Untermalt von dem Ruf der Möwen ist das sanfte Rauschen der Brandung noch ein wenig zu hören. Ein Hauch des feinen Salzgeschmacks der Ostsee hat sich während eines kurzen Strandspaziergang auf die Lippen gelegt, bevor das Gourmeterlebnis in der Orangerie beginnt. „Essen ist ein Bedürfnis, genießen eine Kunst“ – ganz dem Motto der Feinschmeckeradresse entsprechend, entwickelt sich das Menü dieser Sterneküche am Timmendorfer Strand wie ein erfrischender Sommerabend.
Schon das knackig und zart zubereitete Amuse Gueule, gebeizter Thunfisch an Tomate, zergeht zum Lanson Champagner Brut auf der Zunge. Die folgenden knusprig- jungen Erdfrüchte in Senfkörner-Marinade mit Pastinaken Joghurt und Saibling werden von einem 2011er Würzburger Stein GG Silvaner begleitet. Der Steinwein gehört nicht umsonst zu den großen Weinen der Welt. Sehr konzentriert und trotzdem mit eleganter Leichtigkeit zeigt sich das Große Gewächs aus dem Juliusspital. Seine Aromen von Mirabellen, Zitrusfrüchten und Pfirsichen gesellen sich mit trockener Würze zu einer Spur Mineralität. Überhaupt gelingt es Sommelier Ralf Brönner aus seiner Weinkarte von über 600 Weinen ausgezeichnete Kostproben zu servieren, die sich nicht den Speisen unterordnen, sondern wie in einer gleichberechtigten Beziehung kontrastreich ergänzen.
Langostinos mit weißen Bohnen, Tomatenmilch und Aubergine gelingt Küchenstar Lutz Niemann, der seit 1994 regelmäßig mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, perfekt. Übrigens kann in der Showküche dem wirbelnden Team beim Zubereiten der Kunstwerke jederzeit über die Schulter gesehen werden. Mit Mossop Saskia, ein Weißwein aus Chenin Blanc, Viognier und Clairette Blanche von 2009, reicht Brönner wieder einen Top Wein, dieses Mal aus Südafrika. Der vollmundige Geschmack verschmilzt geradezu mit dem Kartoffel Lauch Velouté und zweierlei vom Lamm. Atlantik Steinbutt auf Pfifferlingen mit Peterlilienschaum und Artischocke findet seine Ergänzung in einem kraftvoll – klaren Saint-Veran Les Pommards 2009 von Daniel et Martine Barraud aus dem südlichen Burgund. Am Gaumen zeigt er einen sehr langen Abgang. Dem Gang Tornedo und kurze Rippe vom Weideochsen mit Aubergine und Artischocke war die arbeitsintensive Vorbereitung anzumerken. Äußerst zart gelang Lutz Nieman dieses Meisterwerk durch eine rund 20-stündige Garzeit bei etwa 60 Grad Celsius. Der Shiraz Penfolds Bin 28 von 2009 überzeugt durch seine üppigen, warmwürzigen Aromen und Vollmundigkeit. Gekeltert aus Trauben, die bei wohliger Wärme ausreifen konnten, zeigt er Opulenz und Harmonie.
Der sortenreine Süßwein, Les Clos de Paulilles von 2011, belohnt zum Schokoladenröllchen mit Heidelbeere, Cassisbeere und Ziegenkäse-Joghurt mit weicher Fülle und köstlich würzigen Aromen von gerösteten Mandeln, eingelegten Früchten und einer feincremigen Süße, die schon längst den feinen Salzgeschmack auf den Lippen abgelöst hat.
Ein Abend in dem stilvoll eingerichteten Sterne-Restaurants lohnt sich unbedingt. Perfekt betreut und herzlich empfangen, gefällt der unaufdringliche Service des eingespielten Teams ebenso, wie die ausgezeichnete Küche mit einer hervorragenden Weinbegleitung.