Geister im Zuckerbäckerhaus
Festtags-Menüs an Schwedens Westküste
Es soll in dem Haus spuken! Immer wieder berichten unabhängig voneinander Gäste und auch Mitarbeiter von seltsamen Begegnungen mit einer alten Frau und einem kleinen Wesen – ob ein Zwerg oder Kind ist dabei nicht genau definierbar. Sicher ist nur, dass es sich um relativ gute Geister handelt, denn bisher sollen sie nur geschubst haben, wie beim letzten Hausverkauf in den 50er Jahren. „Ich sehe sie ab und zu. Sie tun nichts“, erklärt der Hoteldirektor des verwunschen wirkenden Anwesens wie aus einer Zuckerbäckerei in dem alten Kurort Lyckorna bei Ljungskile in Schweden. Die renommierte Küche der Villa Sjötorp wartet mit kulinarischen Spezialitäten, vorwiegend aus regionalen Produkten, auf. Das Restaurant trägt die Umweltauszeichnung der Kommune Uddevalla, ist vom Västsvensk Mersmak zertifiziert und wird bei Sveriges Bästa Bord, Gourmet 199 Bord und Vägarnas Bästa präsentiert. Während sich draußen im Wind eine Schaukel an langen Seilen leise knarrend hin und her wiegt, wird im Salon ein vorzügliches Festtagsdinner serviert.
Der 25-Jährige Koch Jakob Diller hat alle Register seines Könnens gezogen. Im gemütlich dekorierten Ambiente mit roten Rosen in Glasvasen auf gewebten Leinentischdecken wird in schwerem Tongeschirr als Vorspeise süß-sauer eingelegter Hering mit Frühlingszwiebeln, Ei und Kartoffeln serviert. Begleitet wird dieser erste Gang ganz klassisch von einem kräftigen Bier. Es folgt leicht geräucherte Forelle mit Forellenrogen, frischem Dill und gerösteten Schwarzbrotkrümeln sowie etwas Sahne gemischt. Sehr köstlich ist das Geflügelleber-Mousse auf geriebenem Knäckebrot mit Kräutersalat und Birnenkompott sowie zarten Aromen von Gewürznelken. Dazu als idealer Begleiter wird eine ausdrucksstarke Spätlese 2013 Piesport Goldtröpfchen Riesling vom Weingut Reichsgraf von Kesselstattkredenzt. Aromen von Pfirsich, Citrus, Mirabelle, roter Johannisbeere und Quitte schmeicheln den Sinnen und verwöhnen den Gaumen.
Bevor der Wildschweinbraten mit Topinamburpüree, Grünkohl, Würstchen aus Wildhackfleisch aufgetragen wird, wird ein erfrischendes Granité aus Preiselbeeren gereicht. Der Hauptgang wird von einem Château Tanesse – Premières Côtes de Bordeaux AC 2011 begleitet. Seine angenehme Struktur, würzige Noten sowie Aromen dunkler Früchte harmonieren vorzüglich mit dem Wild. Ganz gelungen – der Zenato Recioto della Valpolicella Classico 2009 mit seinen Anklängen an Pflaume, Schwarzkirsche und Rosinen zum Käse aus Sivan und Påverås und Hagebuttenmarmelade. Das Dessert, Apfelsorbet mit Zimt und Karamelleis, wird mit einem Chardonnay Maikammer Kapellenberg kombiniert.
Festlich Speisen an der Westküste
Fast vergessen sind nach dem wundervollen Mahl mögliche Begegnungen der dritten Art. Erst als es über die quietschende Holztreppe zu den Zimmern im Obergeschoß mit den knarrenden Holzdielen geht, kriecht so langsam ein mulmiges Gefühl hoch. Sind die Spukgeschichten wahr oder nur Hirngespinste? Es knarrt und quietscht, der Wind pfeift um das Haus am Meer, das Kaminfeuer im Salon ist längst erloschen und ein tiefer ruhiger Schlaf sorgt für eine entspannte Nacht – ganz ohne Geister, sollen ja gut sein.
Ebenfalls ausgezeichnete Küchenerlebnisse gibt es in Fiskebäcksskill. Im Design-Hotel Gullmarsstrand auf der Insel Skaftölandet begeistert schon die Lage vom Restaurant, das durch die vielen Fensterflächen wie ein Seebrücke wirkt und zu allen Seiten einen Panoramablick auf das Meer und den kleinen Hafen frei gibt. Vorweg sind es Heringe in drei Variationen, die für Begeisterung sorgen. Anschließend folgt eine Fischsuppe mit Meeresfrüchten, direkt von den Fischern des Dorfes. Einfach, frisch, geschmackvoll, köstlich!
Festliches Buffet im Green Room
Den Vergnügungspark Liseberg in Göteborg gibt es schon seit 1923. Bereits 1936 kamen über eine Million Gäste zu Besuch. Dieser größte Vergnügungspark Skandinaviens punktet nicht nur durch seinen historischen Charme, sondern auch durch mehr als 35 Attraktionen. Dazu gilt der Park als beliebter Veranstaltungsort für Konzerte und Theater. Selbst im Winter lohnt ein Besuch, denn dann findet dort – untermalt vom Glanz von fünf Millionen Lichtern – der größte Weihnachtsmarkt des Nordens statt. Zu den vielfältigen Restaurants gehört dort auch der Green Room – wo nur vegetarische Kost (sehr schmackhaft zubereitet) angeboten wird. Diese Alternative zum Fisch- und Fleischbuffet findet in Schweden aus ökologisch nachhaltigen Gründen immer mehr Anhänger. Empfehlenswert sind im quirligen Zentrum Göteborgs, das zu jeder Jahreszeit eine Reise wert ist, das Fischrestaurant Sjöbaren, wo es eine der sicherlich besten Fischsuppen des Landes gibt und das Restaurant Atelier in der vierten Etage des Hotels Pigalle – ein Haus mit dem Flair der Pariser Belle Époque des frühen 19. Jahrhunderts. Für Kaffeegenießer empfiehlt sich der Besuch bei Da Matteo Magasinsgatan, wurde das Café doch vom White Guide in Paris 2015 zum Besten des Landes gekürt. Besitzer Matts Johansson lebte lange Zeit in Italien, beschäftigte sich intensiv mit der Philosophie des guten Cafés und wurde erfolgreich mit was oder bei wem. Das Ergebnis ist ein herausragendes Café mit hauseigener Kaffeerösterei und Bäckerei. Matts Johansson sorgt außerdem dafür, dass die Kaffeebohnen aus biologischem Anbau kommen und die Bauern eine faire Bezahlung erhalten., Auf der Suche nach hochwertigem Kaffee reiste er selbst durch die Welt und schrieb später sogar ein Buch „Espressokultur“. Wer sich interessiert kann auch lernen, wie der beste Kaffee zubereitet wird. „Für 500 Milliliter Wasser benötige ich 30 Gramm Kaffeemehl. Durch die angefeuchtete Filtertüte wird das 97 Grad heiße Wasser langsam nur an einer Stelle und ganz langsam durch den Filter in die Glaskanne gegossen“, verrät der Profi.
Ein Höhepunkt dürfte der Restaurantbesuch von Sjömagasinet im Klippan Kulturreservat sein. Mit dem Boot geht es von der Altstadt über das Wasser zu dem Sternehaus an der Göteborger Hafenfront. „Mögst Ihr a Schnapserl. Das muss sein. Schon wegen der 14 verschiedenen zubereiteten Sorten Hering „, begrüßt Chefkoch Ulf Wagner seine Gäste. Das Restaurant befindet sich in einem ehemaligen Lagerhaus der schwedischen East India Company. Gemütlichkeit prägt das Ambiente, denn im Kamin brennt ein Feuer und der Charakter der Lagerhalle sowie Kontore aus rustikalen Holzbalken sind erhalten geblieben. „Mutti kommt aus Wien und Papi aus München. Irgendwann sind wir in Schweden gelandet“, erklärt der 60-Jährige, der als erster Koch in Göteborg einen Michelinstern erkochte. Er gewann auch als erster Koch Schwedens die Sommelier-Meisterschaft. Das mag ein Grund dafür sein, dass er erst den Wein und dann die dazu passenden Speisen auswählt. In seinem beachtlichen Weinkeller befinden sich unter anderem mehr als 80 Sorten Chablis, zahlreiche Champagnersorten und sogar zwei schwedische Solaris-Weine. An besonderen Festtagen, wie Weihnachten, Silvester, Ostern oder Mitsommer, bereitet der Sternekoch mit seinem Team ein großes Büffet vor. Hering, Lachs, Stockfisch, Wild – alles in vielfältigen Variationen und sehr köstlich. Nach jedem Gang, das ist klar, kommt Ulf Wagner zu seinen Gästen und stößt mit seinem selbstgebrannten Schnaps an. Vorher aber wird ganz traditionell „Helan går“ angestimmt, denn die Ganzheit des kulinarischen Erlebnisses ist seine Philosophie. Der Sternekoch Ulf Wagner, der an der Göteborger Uni die Fächer Wein und kulinarische Kunst lehrt, sieht in der Philosophie um die Mahlzeit die Dreieinigkeit: Speisen, Getränke und den Geist.
Gute Geister gibt es viele in Schweden. Freundlich, hilfsbereit und sensibel. Es gibt nicht nur fantastische Landschaften und entzückende Häuser, sondern der Charme der Schweden ist Garant für eine besondere Wohlfühlatmosphäre.