Eine Sonntagsmahlzeit Anno 1920
Mit dem Schiff über das Meer in die Vergangenheit
Die Reise in ein anderes Jahrhundert führt über das Ijsselmeer: An stolzen Seglern und kleinen Holzbooten vorbei bahnt sich die Fähre langsam einen Weg über das Wasser bis zum Anleger des malerischen Fischerdorfs Zuiderzee. Es ist Sonntag. Bregt Buishand bereitet sich schon seit Stunden auf ihre Mittagsgäste vor. Zwischen 10 und 17 Uhr lebt sie im Zuiderzeemuseum wie die Frau eines Fischers um 1920. Zu der Zeit waren Genügsamkeit und Sparsamkeit Tugenden. Zum Frühstück gehörten Brot, mit Fett bestrichen und ab und zu ein Löffel Zucker. Mittags wurde ein warmes Mahl verzehrt. Hauptsächlich Kartoffeln sowie etwas geschmolzenes Fett. Darüber hinaus standen Möhren, Knollen, Rüben und eingemachtes Gemüse wie Sauerkraut auf dem Speisezettel. In kleinen Emaille-Töpfen garen die Speisen der Saison auf Petroleumkochern, denn das Brennmaterial Holz ist rar. Feines Essen gab es damals nur sonntags. An diesem Feiertag gibt es in Regenwasser gekochte Kartoffeln, denn Leitungswasser war in einem schlichten Fischerhaushalt nicht vorhanden, Rotkohl und sogar etwas Rindfleisch, gewürzt mit Lorbeer, Wacholder, Salz, Pfeffer und Nelke. Die wohlriechenden Zutaten wecken den Appetit der Gäste. Nach dem Tischgebet werden die Köstlichkeiten in einem Suppenteller serviert. Gegessen wird mit Blechbesteck. Nun heißt es gut aufessen, denn neues Geschirr wird auch nicht für die Nachspeise gedeckt. Das schlichte Dessert, bestehend aus Gries-Pudding und Beerensauce, lassen die Geschmacksnerven vibrieren. Wie wunderbar kann das mit einfachsten Mitteln zubereitete Essen doch munden!
Kommen um die Mittagszeit Besucher vorbei, sind sie am Tisch gern gesehene Gäste. Mitunter entwickeln sich muntere Gespräche zu der Vergangenheit, zu erwürdigen Traditionen, zu nützlichen alten Hausmitteln oder hilfreiche Einrichtungsgegenstände, wie etwa die Kochkiste, die historische Thermobox. „Ich mache es noch einfacher. Wenn es zum Beispiel mit dem Wäschewaschen zwischendurch etwas länger dauert, stelle ich die Speisen zum Warmhalten einfach in das Bett. Das funktioniert auch sehr gut, und ich muss mich nicht bis zur Kiste so tief bücken“, schmunzelt die beherzte Köchin. Ein paar Museumsbesucher kommen in die gute Stube, wünschen Guten Appetit oder blinzeln von außen durch die winzigen Fenster und manche schmunzeln oder zücken die Fotoapparate beim Anblick der idyllischen Szene.
Gut gestärkt folgt ein Rundgang durch das Freiluftmuseum mit mehr als 170 Gebäuden. In diesem Jahr feiert das Museum bereits seinen 34. Geburtstag. Dort können die Besucher den Alltag eines Fischers entlang der niederländischen Zuiderzee zwischen 1700 und 1900 erleben. Die Gebäude wurden aus mehreren niederländischen Ortschaften zusammen getragen, detailliert restauriert und eingerichtet. Neben traditionellen Fischerhäusern und Handwerksbetrieben sind eine Kirche, eine Windmühle sowie ein Hafen und die typischen Grachten zu besichtigen. In den schmalen Straßen kann den Bäckern, Seilmachern oder Holzschuhmachern bei der Arbeit zugesehen werden. Schauspieler in historischer Kleidung spielen Figuren der Dörfer nach, erzählen von ihrem anstrengendem Leben und Abenteuern. Außerdem locken neben dem spannenden Freiluftbereich faszinierende Ausstellungen mit Themen, die für das Leben an der ehemaligen Zuiderzee von Bedeutung waren.
Zum Abschluss der Reise in ein anderes Jahrhundert wird eine Kostprobe aus der Fischräucherei gereicht. Frisch in einer Tonne über Buchenspänen oder Eichenholz geräuchert, munden Hering oder Aal ganz besonders. Egal ob Großeltern mit ihren Enkeln oder junge Paare – schon von Weitem durch den Anblick des Rauchs angezogen, möchte jeder einmal von den Fischen kosten und findet spätestens dann die Küche der guten alten Zeit ganz schön köstlich.